In Italien unterliegen Kapitalgesellschaften einer besonderen Beschränkung bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen. Diese sogenannte Zinsschranke soll einer übermäßigen Fremdfinanzierung entgegenwirken und basiert auf Art. 96 des italienischen Einkommensteuergesetzes (EESt. - TUIR).
Die derzeit gültige Regelung gilt seit 2019 und setzt die europäische ATAD-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2016/1164 zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken) durch das Gesetzesdekret Nr. 142/2018 in nationales Recht um.
Betroffene Subjekte
Die Zinsschrankenregel gilt für alle IRES-pflichtigen Unternehmen, insbesondere für:
- in Italien ansässige Aktiengesellschaften (AG - SpA), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH - Srl), Genossenschaften und Konsortialgesellschaften
- öffentliche und private Einrichtungen sowie Trusts, die überwiegend gewerbliche Tätigkeiten ausüben
- nichtansässige Gesellschaften und Körperschaften, einschließlich Trusts, die ihre Tätigkeit in Italien über eine Betriebsstätte (Zweigniederlassung) ausüben
Nicht anwendbar ist Art. 96 EESt. - TUIR auf Finanzintermediäre, IRPEF-Subjekte (Personengesellschaften, Einzelunternehmen) und nichtkommerzielle Einrichtungen.
Funktionsweise und Berechnung
Die Zinsschranke bestimmt, in welchem Umfang Passivzinsen steuerlich absetzbar sind. Die Berechnung erfolgt dabei in zwei Stufen:
- Verrechnung mit Aktivzinsen: Passivzinsen (der laufenden Periode sowie vorgetragene) sind unbegrenzt bis zur Höhe der Aktivzinsen (laufend und vorgetragen) absetzbar.
- Abzugsfähigkeit der Netto-Passivzinsen: Der übersteigende Teil der Passivzinsen (nach Verrechnung mit Aktivzinsen) ist nur bis zu 30 % des „fiskalischen ROL“ (Risultato Operativo Lordo) absetzbar.
Der „fiskalische ROL“ (EBITDA-ähnliche Größe)
Der ROL entspricht vereinfacht dem operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA - Earnings before interest, taxes, depreciation, and amortization), wird jedoch nach steuerlichen und nicht nach handelsrechtlichen Kriterien ermittelt.
Seit 2019 ist für die Berechnung zwingend der „fiskalische ROL“ zu verwenden, der den früheren „buchhalterischen ROL“ (ROL contabile) ersetzt. Er wird berechnet als:
- Gesamtleistung – Herstellungskosten (Posten A – B der GuV)
- + Abschreibungen auf Sach- und immaterielle Vermögenswerte
- + Leasingraten für betriebliche Vermögenswerte
Dabei sind steuerliche Abzugsbeschränkungen zu beachten (z. B. Telefonspesen nur zu 80 %, Pkw-Kosten nur zu 20 % absetzbar).
Vortrag von Überschüssen
| Überschuss |
Steuerliche Behandlung |
Zeitliche Begrenzung |
| Passivzinsen |
Nicht abzugsfähige Passivzinsen können unbegrenzt vorgetragen werden und sind in Folgejahren abziehbar, wenn ausreichend Aktivzinsen oder fiskalischer ROL vorhanden sind. |
unbegrenzt |
| Aktivzinsen |
Überschüssige Aktivzinsen können ohne zeitliche Begrenzung in die nächste Steuerperiode übertragen und dort mit Passivzinsen verrechnet werden. |
unbegrenzt |
| 30 %-ROL-Überschuss |
Übersteigt 30 % des ROL die Passivzinsen, kann der überschüssige ROL für die folgenden fünf Steuerperioden genutzt werden (FIFO-Prinzip). |
5 Jahre |
Sonderregelung für „Alt-Darlehen“
Für Zinsen aus Darlehen, die vor dem 17. Juni 2016 aufgenommen wurden, darf der bis 31. Dezember 2018 nicht genutzte buchhalterische ROL (ROL contabile) weiterhin verwendet werden. Dieser kann zeitlich unbegrenzt vorgetragen und ausschließlich zur Deckung der Zinsen dieser spezifischen Altdarlehen verwendet werden.
Fazit
Die italienische Zinsschranke nach Art. 96 EESt. - TUIR hat große Bedeutung für die steuerliche Planung und Finanzierung von Unternehmen. Eine sorgfältige Ermittlung des fiskalischen ROL und eine vorausschauende Gestaltung der Finanzierungsstruktur sind entscheidend, um Zinsabzugsbeschränkungen zu vermeiden oder optimal zu nutzen.